Mittwoch, 1. März 2017

1813 - der Rekrut von E.Erckmann und A.Chatrian

Für einmal lässt uns ein historischer Roman aus der Zeit Napoleons die Geschichte weder aus der Sicht eines Heerführers noch eines heldenhaften Soldaten erleben. Josef Bertha ist ein Uhrmacherlehrling aus Pfalzburg im Elsass. Die Stimmung in der Bevölkerung ist gedrückt, weil täglich neue Hiobsbotschaften aus Russland eintreffen. Schliesslich eröffnen die Verlustlisten am Rathaus, was sich niemand vorstellen konnte: Kaum einer der vielen Söhne, Brüder und Väter, die mit der Grande Armée ausgezogen sind, wird wieder nach Hause kommen.
Doch der Kaiser braucht rasch neue Soldaten. So kommt es, dass der gehbehinderte Josef wider Erwarten zur Armee eingezogen wird. Wir erleben seine eigene Verzweiflung und den Schmerz seiner Angehörigen - wird Josef seine Liebsten jemals wiedersehen?
Josef marschiert mit der Armee gegen Preussen, welches der Kaiser wieder unter seine Kontrolle bringen will. In der Schlacht von Lützen erlebt Josef seine Feuertaufe, danach folgen die Schlachten von Bautzen, Dresden und das Gemetzel der Völkerschlacht von Leipzig im Oktober 1813. Schliesslich der Rückzug der französischen Armee nach Frankreich.




Die Autoren beschreiben mit Hilfe der familiären und beruflichen Situation des Josef Bertha anschaulich die Situation im spätnapoleonischen Frankreich. Auch das tägliche Leben als Soldat, die Märsche, das Biwakieren, schliesslich die ersten Kämpfe wird ohne Pathos dargestellt. Sehr interessant ist die Phase, wo sich Josef im Lazarett im besetzten Dresden aufhält und zusammen mit einem Veteranen den Stimmungsumschwung der preussischen Bevölkerung beobachten kann: Wurden die französischen Soldaten 1806 noch als Befreier bejubelt, so sind sie 1813 zu Unterdrückern der Freiheit geworden.

Die Kampfhandlungen werden naturalistisch und nüchtern dargestellt. Josef ist kein Held, kann sich im Kampf aber behaupten und erlebt, wie die Selbsterhaltung jede andere menschliche Regung in der Schlacht auslöscht. Schliesslich beschreiben die Autoren das Elend und die Auflösung der Disziplin auf dem Rückzug nach der Schlacht bei Leipzig.

Das Werk ist deutsch als Hörbuch im Zeitbrücke Verlag erschienen. Sehr empfehlenswert!


Originaltitel: Histoire d’un conscrit de 1813

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